Die magischen Gigantwasserfälle in Fjord Norwegen

Im Inneren des Wasserfalls

Wenn du aus Bergen losfährst, ist es fast unmöglich, sich vorzustellen, wo groß die Vielfalt der westnorwegischen Landschaften ist, die dich in den nächsten vier Tagen erwartet. Nach dem ersten kurzen Anstieg von Arna nach Samnanger öffnet sich vor deinen Augen eine prachtvolle Fjordlandschaft, bevor du ein weiteres Mal bergauf fährst und durch das Gebirgstal Eikedalen und den Alpinort Kvamskogen kommst. Du bist jetzt mittendrin im Winterurlaubsziel der Bergenser, die Hütten und Alpinanlagen zeigen es. Nach einer steilen Abfahrt Richtung Hardanger und Norheimsund erwartet dich auf der linken Seite der erste große Wasserfall dieser Rundtour. Der 50 Meter hohe Steinsdalsfossen gehört zu den beliebtesten Wasserfällen in Norwegen, denn er liegt an der Straße und ... du kannst, wenn du Lust hast, ganz bequem hinter den Wasserfall spazieren und in die hinabstürzenden Wassermassen blicken – ohne nass zu werden!

Das vierblättrige Kleeblatt im Tal Husedalen

Wenn du vielleicht in einem der Restaurants im kleinen Fjordstädtchen Norheimsund zu Mittag gegessen hast, geht’s weiter nach Kinsarvik in Hardanger. Dorthin kommst du auf zweierlei Weise – entweder mithilfe der Fährverbindungen Tørvikbygd-Jondal und Utne-Kinsarvik oder ohne Fährfahrt über Granvin und die spektakuläre Hardangerbrücke, eine der längsten Hängebrücken der Welt. Egal, welche Route du wählst, wird dein Blick über den Fjord, schneebedeckte Berge, grüne Hänge und Obstplantagen in voller Blüte gleiten – vorausgesetzt, du reist im Frühjahr.

Ab Kinsarvik geht es dann steil bergan ins Tal Husedalen und in Richtung Hardangervidda. Nach einer kurzen Strecke fährst du an den Wasserfällen Tveitafossen (103 Meter) und Nyastølfossen (YouTube-Video) vorbei, der mit seiner Fallhöhe von 115 Metern zu den vier großen Wasserfällen im Tal gehört. Dies ist ein Ort, um fantastische Bilder zu machen und die enormen Kräfte im Fluss Kinso zu erleben. Wenn du ein bisschen Zeit hast, kannst du noch eine halbstündige Wanderung zum prachtvollen Wasserfall Nykkjesøyfossen (60 Meter) machen, der auch noch einen herrlichen Blick auf den Hardangerfjord bietet. Noch weiter oberhalb donnert das Wasser des Sotefossen zu Tal, der mit seinen zwei Stufen, die eine Gesamtfallhöhe von 246 Metern ausmachen, ein buchstäblich berauschender Anblick ist.

Die Zwillingsriesen in Eidfjord

Wenn dich die Eindrücke in Kinsarvik nicht derart überwältigt haben, dass du für eine Nacht in Kinsarvik bleiben möchtest, erwartet dich der nächste große Höhepunkt: Eidfjord und der Wasserfall Vøringsfossen, mit dem auch eine spannende Anfahrt über die Haarnadelkurven im Tal Måbødalen verbunden ist.

Vøringsfossen ist Norwegens berühmtester und meistfotografierter Wasserfall. Weniger bekannt ist allerdings, dass es tatsächlich zwei Fälle sind, die gleich nebeneinander ins Tal stürzen. Vøringsfossen (182 Meter) und der etwas kleinere Tyssvikjofossen (145 Meter) vermitteln als Zwillinge vor allem eines: Dies ist unbeschreiblich, und man muss es erlebt haben!

Obstblüte in Ulvik

Nach einem Tag mit spektakulären Wasserfällen in Hardanger erwarten dich Erlebnisse, die vielleicht noch ein überwältigender sind. Wenn du früh unterwegs bist, zum Beispiel im Mai odr Juni, solltest du einen Abstecher nach Ulvik machen, wo die Apfel-, Pflaumen- und Kirschbäume jetzt in voller Blüte stehen.

Der Monsterwasserfall in Skorvo

Die Fahrt vom Hotel (oder Ulvik) über die Hardangerbrücke nach Voss dauert gut eine Stunde. Es geht am wunderschönen See Granvinsvatnet und der alten Kirche von Granvin mit seinem pittoresken Friedhof vorbei. Zehn Kilometer nördlich des Sees ist die erste Sehenswürdigkeit dieses Tages ausgeschildert: Skjervsfossen. Dieser Wasserfall am Fluss Skorvo ist wenig bekannt, entlässt seine enormen Wassermassen aber auf einen 120 Meter tiefen Sturz – ein ebenso Furcht einflößender wie anziehender Anblick, den man zur Sicherheit aus einigem Abstand genießen sollte.

Die Schlucht Bordalsgjelet in Voss

Die nächste Etappe führt nach Vossevangen, wo dich ein kleiner, aber nicht minder faszinierender Fluss mit der Schlucht Bordalsgjelet erwartet. Den Eingang zur Schlucht erreichst du von der Ortsmitte in Voss, und auf dem Weg dahin wirst du die vielen Hexenkessel sehen, die aus Steinen und den schmelzenden Gletschern geformt wurden. Wenn im Frühjahr das Regenwasser den Fluss anwachsen lässt, wird die Schlucht sehr schnell aufgefüllt, und dann ist es wirklich ratsam, den Pfad nicht zu verlassen.

Der Sognefjord breitet sich aus

Von Voss aus geht’s nach Norden in die traumhafte Region Sogn, die viele Norwegenfreunde als die Quintessenz von Fjord Norwegen erleben. Zunächst gelangst du zum Wasserfall Tvindefossen (YouTube-video), ein Riese von 109 Meter Höhe, der in der Frühjahrs- und Sommersaison eine große Zahl von Reisebussen mit Gästen aus dem In- und Ausland anlockt. Wenn du an dem prachtvollen See Oppheimsvatnet vorbeigefahren bist, ist es nicht mehr weit bis zum Wasserfall Stalheimsfossen – ein Geheimtipp in Fjord Norwegen, der – so meinen viele – in seiner Schönheit dem Vøringsfossen in nichts nachsteht.

In Sogn angekommen erwartet dich nach dem langen Gudvangatunnel der Ort Flåm, der glücklicherweise nicht umfahren werden kann. In Flåm kannst du den Anblick des tosenden Kjosfossen genießen – Sehenswürdigkeit und feste Haltestelle an der Flåmsbahn. Der Wasserfall liegt etwas weiter oben im Tal; um ihn zu sehen, musst du die Zugfahrt von Flåm nach Myrdal und zurück buchen. Abfahrtszeiten und Tickets findest du hier.

Wer auf seiner Fahrt keine Eile hat, sollte wissen, dass Flåm der perfekte Ort für Abenteurer, Natur- und Kulturliebhaber ist. Der Fjord lädt zum Angeln, zu Paddeltouren und Fjordsafaris ein, und der alte Anlagenweg Rallarvegen, der zur Hardangervidda hinaufführt, ist ein sehr beliebter Radwanderweg.

Die Region Indre Sogn

Die Straße von Flåm nach Lærdal führt durch einen langen Tunnel, während die alte Passstraße über Aurlandsfjellet bei gutem Wetter immer noch geöffnet ist. Lærdal ist einer der bekanntesten Touristenorte in Fjord Norwegen, ein Stopp lohnt sich allemal. Von der Hauptstraße gleich hinter dem Tunnel kannst du einen Abstecher zur Stabkirche Borgund machen – ein einzigartiges Baukunstwerk unter den mittelalterlichen Kirchenbauten.

Während sich der Tag zum Abend neigt, der Blick auf die Uhr aber noch eine Etappe erlaubt, fährst du in die Gemeinde Årdal. Auf der Norwegenkarte sieht Årdalstangen, der Hauptort der Gemeinde, aus, als würde er im Herzen der norwegischen Bergwelt liegen. Gleichzeitig liegt er aber, obwohl weit von der Küste entfernt, nah am Meer. Der Grund für diesen kleinen «Sinnesbetrug» ist der lange Sognefjord, der erst hier endet! Jetzt bist du hier und hast Zeit, die Batterien für ein anstrengendes Erlebnis aufzuladen.

Drei große, und ein...

Von Øvre Årdal geht es weiter zu der vielleicht größten Attraktion auf dieser Rundreise, dem Wasserfall Vettisfossen im Tal Utladalen. Es ist wichtig, nicht zu spät loszufahren, denn die Wanderung beansprucht insgesamt vier Stunden vom Parkplatz in Hjelle, der zehn Autominuten von Øvre Årdal entfernt liegt, und es gibt viele gute Gründe, sich auf dieser Wanderung viel Zeit zu lassen.

Bereits vom Wasserfall aus kannst du Hjellefossen, den ersten großen Wasserfall an diesem Tag, sehen. Mit einer Gesamtfallhöhe von 365 Metern gehört er zu den höchsten in Fjord Norwegen, obwohl du auf dieser Etappe Wasserfälle mit noch größerer freier Fallhöhe sehen wirst. Schon am nächsten, dem du begegnest, dem Avdalsfossen, stürzt das Schmelzwasser aus dem Gebirge Hurrungane 175 Meter in freiem Fall zu Tal.

...fünd Meter Wasserfall

Wenn du ein wahrer Liebhaber von Wasserfällen bist und auch andere Qualitäten als die Höhenmeter schätzt, ist der nächste Wasserfall im Tal Utladalen etwas für dich. Das smaragdgrüne Wasser fällt nur fünf Meter in die Tiefe, doch Høljafossen ist ein äußerst sehenswerter Wasserfall. Und dies gilt auch für Vettisfossen, der auch «die Königin» genannt wird. Er ist das Ziel der heutigen Wanderung und des Flusses Morki, der seine Wassermassen 275 Meter über uns ins Tal Utladalen entlässt, wo der Fluss Utla sie aufnimmt.

Eine große internationale Publikumsbefragung aus dem Jahre 2016 kam zu dem Ergebnis, dass Vettisfossen Norwegens schönster Wasserfall ist. Dass das Tal Utladalen von rund 50 Gipfeln umrahmt ist, die über 2000 Meter hoch sind, ist sicherlich auch ein Grund dafür, dass dieses Naturerlebnis von vielen als unbeschreiblich empfunden wird. Genießen kann man es von einer Aussichtsplattform, die direkt vor dem Wasserfall platziert ist.

Das Ende des Sognefjordes

Die Endstation dieses Tages liegt auf der Rückseite des Store Skagastølstind, mit 2405 Metern Norwegens dritthöchster Berg, der erstmals 1876 von William Cecil Slingsby bestiegen wurde. Die Straße verläuft am Sognefjord entlang zurück nach Lærdal und zur Fähre Fodnes-Mannheller. Anschließend geht es weiter nach Norden am Lustrafjord entlang bis zum innersten Punkt des Sognefjordes: Skjolden.

Der imposante Feigefossen

Ein wunderschönes Postkartenmotiv: Skjolden weit drinnen im Lustrafjord im Osten der Region Sogn ist sicher eines der charmantesten Dörfer in Fjord Norwegen. Dort erwartet den Besucher ein breites Angebot an Aktivitäten: eine Tour mit dem Festrumpfschlauchboot auf den Fjord hinaus, Stand-up-Paddeln, organisierte Wanderungen zu verlassenen Höfen weit oben an den Berghängen, Fahrradverleih und Touren zu den enormen Gipfeln in der Region. All das musst du dir leider für das nächste Mal aufheben, denn heute fährt du am gegenüberliegenden Ufer des Lustrafjordes nach Süden. In einer westnorwegischen Gebirgsidylle versteckt sich am Hang der großartige Wasserfall Feigefossen, in dem sich enorme Mengen von Schmelzwasser aus dem Bergen von Hurrungane sammeln.

Nach so vielen imponierenden Wasserfällen empfindest du vielleicht eine Art Sättigung, aber sei dir sicher: mit einem freien Fall von 218 Metern gehört Feigefossen zu den schönsten Wasserfällen des Landes. Ausgehend vom Auto, das unten am Fjord geparkt ist, kannst du auf dem etwa halbstündigen Spaziergang immer wieder Halt machen und dich so der ganzen Kraft dieses Wasserfalls buchstäblich schrittweise nähern. Nach der ersten Aussichtsplattform gibt es nämlich einen Pfad, der bis zum Fuß des Wasserfalls führt, und von dort sieht Feigefossen wirklich gefährlich groß aus.

Eine weibliche Gestalt

Die heutige Etappe ist voller Wunder der Natur. Nach dem Besuch des Feigefossen nimmst du die Fähre über den Lustrafjord nach Solvorn, das seit bald 400 Jahren Gäste aus aller Welt empfängt. Bereits 1640 wurde nämlich das Hotel Walaker eröffnet, es ist heute Norwegens ältestes Hotel in Familienbesitz. Von hier fährst du auf der Straße RV55 an Leikanger vorbei Richtung Balestrand. Dort liegt einer der von vielen Sagen umwobenen Wasserfälle Norwegen. Kvinnafossen („der Frauenfall“) heißt er, das Wasser fällt 120 Meter tief und landet nahe der Landesstraße. Wenn die Schneeschmelze im Mai und Juni besonders stark ist, muss der Autoverkehr durch eine Kaskade aus Wasser und Schaum, die die Straße überzieht. Wenn dir dieses Erlebnis noch nicht reicht, kannst du in Balestrand an einer Fahrt mit dem Hartrumpfschlauchboot teilnehmen, um dir Kvinnafossen in seiner ganzen Pracht vom Fjord aus anzusehen. In Balestrand liegt auch das legendäre Kviknes Hotel, Juwel am Sognefjord seit 1877.

Gaularfjellet und Fossestien

Es gibt zahlreiche Aktivitätsangebote in Balestrand, und außerdem kannst du einen Abstecher in die Berge des Gaularfjell nördlich des Dorfes machen. Die fantastische Aussicht auf die westnorwegische Gletscherwelt kannst du gleich von mehreren Aussichtspunkten entlang der Straße bestaunen. Das Beste aber ist der Weg zu Fuß auf dem Fossestien, dem „Pfad der Wasserfälle“, der auf Gaularfjellet beginnt und ins Tal Viksdalen führt. Du entscheidest selbst, wo du beginnen möchtest und wie lang der Weg sein soll; wir versprechen dir ein paar fantastische Stunden in einer blühenden Landschaft mit einer reichen Flora und Tierwelt.

Nach den Erlebnissen auf dem «Pfad der Wasserfälle» oben auf Gaularfjellet fährst du auf den Haarnadelkurven hinunter zum Fjord und nach Balestrand, wo du jetzt die Fähre über den Fjord nimmst und dich Richtung Süden orientierst.

Botnafossen

Am Südufer des Sognefjordes kommst du zunächst zur Stabkirche Hopperstad aus dem 13. Jahrhundert und der wunderhübschen Steinkirche von Hove, die beide in Vikøyri nahe der Straße stehen. Von hier kannst du einen Abstecher nach Arnafjord machen, um dir den sehr schönen Wasserfall Botnafossen näher anzusehen.

Wenn du wieder auf der Landesstraße Rv13 bist, geht es steil bergan zum Pass Vikafjellet, wo du durch westnorwegisches Hochgebirge oberhalb der Baumgrenze fährst. Im Frühjahr und Vorsommer musst du damit rechnen, zwischen viele Meter hohen Schneewänden zu fahren, doch an einem Tag ohne Wolken kannst du in jedem Fall einen Blick zurück riskieren, um die schneebedeckten Gipfel am Nordufer des Sognefjordes zu sehen. Ein traumhaft schöner Rückblick!

Wenn du Vikafjellet verlassen hast und auf der E16 bist, kommst du schon bald nach Vossestrand, wo die letzte Etappe nach Bergen beginnt – ein toller Abschluss einer spektakulären Wasserfallsafari.